Donnerstag, 8. März 2018

Tangalle

Von Ella aus ging es wieder an die Küste. Wir hatten uns für Tangalle entschieden, da es hier wunderschöne menschenleere Sandstrände und bezahlbare Unterkünfte geben sollte. Und diesmal gaben wir dem Reiseführer uneingeschränkt recht. Abseits der Partymeile gab es kilometerlange phantastische einsame saubere Strände und eines der ältesten Hotels der Stadt, welches wir im Reiseführer ausgewählt und telefonisch reserviert hatten, war eine sehr positive Überraschung. Es war zugleich das schönste und günstigste unserer Reise. Lediglich unser Zimmer war schon recht alt und sehr dunkel (was vermutlich letzteren Vorzug erklärt). Aber wer möchte bei solchen Stränden und einem Pool mit dieser Aussicht schon im Zimmer bleiben?

Das Hotel zu finden erwies sich zunächst als schwierig. T. war sicher, dass wir im Ganesh Garden reserviert hatten, aber der Fahrer konnte es auch mit telefonischer Unterstützung durch die Rezeption an der angegebenen Stelle einfach nicht finden. Nach mehrmaligem Wenden und erneuten Anrufen stellte sich heraus, dass wir im Nuga Eden gebucht hatten, in dessen Einfahrt wir auf der Suche mehrfach gewendet hatten.

Das Hotel hat eine schöne Gartenanlage mit Pool, Palmen und Lehmcabanas und sogar ein großes Baumhaus für schwindelfreie Hotelgäste. Lea hatte seit Anuradhapura nicht mehr gebadet (keine Sorge, Oma, das Kind duscht ganz gern) und war kaum noch aus dem Pool zu bekommen. Wir konnten sie aber mit Mühe zu ausgedehnten Strandspaziergängen und einem Besuch des lokalen Marktes überreden. 
Am Strand fallen in dieser Gegend noch immer die Schäden des Tsunamis auf. Viele Gebäude am Strand sehen recht neu aus und dazwischen findet man Ruinen, deren Aufbau wohl nicht mehr gelohnt hätte. 

Leider hatte Lea seit Nuwara Eliya recht schlechte Nächte. Zunächst hatte sie auf der Reise nämlich besser geschlafen als zu Hause. Oft wachte sie nun im Stundentakt weinend auf und verlangte nach mütterlicher Zuwendung. Eines Nachts wollte sie uns dann etwas Ruhe gönnen und hat zum ersten Mal seit sieben Monaten sechs Stunden am Stück geschlafen. Selbstverständlich lag ich in dieser Zeit wach. Mein Körper kann mit soviel Schlafluxus wohl nicht mehr umgehen und war verwirrt.

Rund um Tangalle gab es für uns nicht so viel zu entdecken wie beispielsweise im Kulturellen Dreieck. Wir haben viel am Pool und am Strand ausgeruht. Sofern man mit Baby von Ruhe sprechen kann. Urlaub mit Baby ist eben doch nicht Urlaub - nur mit Baby, sondern mehr wie mit Baby zu Hause - nur eben wo anders. 
Zunächst hatten wir versucht uns mit der Picknickdecke in den Garten zu setzen, sodass Lea krabbeln konnte und nicht zu nah am Wasser war. T. machte einen Platz aus, der eben, schattig und möglichst weit weg von den vielen schwer mit Kokosnüssen beladenen Palmen war. Nachdem wir die Decke ausgebreitet und uns mit Lea und ihrem Spielzeug niedergelassen hatten, kam ein Hotelangestellter und wies uns auf eine nahe Palme voller Kokosnüsse hin. Hier sei es gefährlich, wir sollten lieber dorthin gehen, sagte er, und wies auf eine andere Stelle. Wir zogen um. Nach wenigen Minuten  kam ein anderer Hotelangestellter und wies uns auf eine nahe Palme voller Kokosnüsse hin. Hier sei es gefährlich, wir sollten lieber dorthin gehen, sagte er und wies auf eine andere Stelle. Wir packten unsere Sachen und gaben auf. Ein paradiesischer tropischer Garten ist eben ein paradiesischer tropischer Garten. 

Einen unserer wenigen Ausflüge haben wir zu einem sehr alten Felsentempel gemacht. Hier gibt es viele kleine Felsenhöhlen mit beeindruckenden Decken- und Wandbemalungen und vielen Statuen und einer schönen Aussicht vom obersten Plateau. Wir wurden von den Geistlichen gesegnet und haben auf dem Aussichtsplateau gepicknickt. T. lief begeistert auf dem Felsen herum und machte Fotos. Meine Höhenangst und ich wollten lieber so weit wie möglich von der (natürlich ungesicherten) Felskante entfernt bleiben. T. meinte ich solle mich nicht sorgen, ich könne ruhig etwas näher zur Kante herankommen, selbst wenn man sich mit den Beinen baumelt dorthin setze könne nichts...oh Mist! In dem Moment fiel sein Kamerafilter herunter und rollte langsam aber stetig, wackelnd auf die Kante zu ... und fiel ins Nichts. Von dieser Argumentation nicht sehr überzeugt, machte ich mich lieber wieder an den Abstieg.

Nachdem es im kulturellen Dreieck Schwierigkeiten mit der Nahrungsversorgung zu Babykompatiblen Uhrzeiten gegeben hatte, genossen wir die touristische Infrastruktur im Süden. Da wir nicht nur in unserem schönen Hotelrestaurant am Pool speisen wollten, machten wir uns auf die Suche nach kulinarischer Abwechslung. Wir wollten unser Rice and Curry auch mal in anderem Ambiente genießen. Dabei stießen wir auf ein interessantes Restaurant abseits des Strandes. Hier gab es viel Platz, wenig Dreck, beeindruckend viel Personal mit einer für westliche Gäste undurchschaubaren Aufgabenverteilung (einer musste offenbar hinter einem Tresen sitzen und grimmig schauen, eine junge Dame war scheinbar nur für das Servieren von Wasser zuständig) und sogar ein Hochstühlchen für Lea, alles schien neu gemacht und die vielen Angestellten waren sehr freundlich. Wie immer war Lea nach zwei Minuten auf dem Arm einer Kellnerin in der Küche verschwunden und wurde nach etwa einer halben Stunde zufrieden kauend zurückgebracht. Nach einer weiteren Stunde kam dann das Essen. Vermutlich musste der Koch zu Hause abgeholt werden, denn obwohl keine anderen Gäste da waren, dauerte die Zubereitung der Speisen beeindruckend lang. 
Als wir schon nicht mehr an die potenzielle Existenz anderer  Gäste geglaubt hatten, tauchte ein weiterer Restaurantbesucher auf. Es handelte sich um einen echten Paradiesvogel, einen Astrologen aus Colombo, der mit seinen zwei Autos auf dem Rückweg von einem Tempelbesuch kurz auf eine Tasse Tee stoppte. Er erklärte uns, dass er sich hätte spirituell reinigen müssen, um am nächsten Tag eine Dienstreise nach Singapur und Indonesien antreten zu können, wo wohlhabende Kunden auf seine Expertise warteten. Er kam mehrfach an unseren Tisch, um mit Lea zu schäkern. Als er sich verabschieden wollte, klärte er uns freundlicherweise noch darüber auf, das Leas Stirnform auf eine besonders ausgeprägte Intelligenz hinwies. Ich fragte mich gerade amüsiert, ob er schon mal Eltern die gegenteilige Prognose gegeben hatte, als eine etwa fünfsekündige sehr beeindruckende fließende Handlungssequenz wie in einem Film vor meinen Augen ablief: Zum Abschied winkte er Lea zuerst mit rechts zu, sie erwiderte prompt mit rechts, dann hoben sie gleichzeitig die Hände zum Einschlagen. Anschließend ging der Mann um sie herum sie wiederholten die gleichen Gesten mit der linken Hand. Lea machte den Bewegungsfluss mit der anderen Hand ebenfalls ohne Verzögerung mit. Sehr seltsam. Alle meine späteren Versuche, Lea zu ähnlichem zu überreden blieben erfolglos. Vielleicht hatte ich doch zu vorschnell über den Herrn und seinen Berufsstand geurteilt und die zwei konnten auf einer anderen Ebene miteinander kommunizieren?

Tangalle hat uns sehr gut gefallen. Insgesamt blieben wir fünf Nächte in hier, länger als irgendwo sonst. Irgendwann wird aber auch der Traumstrand langweilig, zumal Strand und Baby irgendwie doch nicht so gut zusammen passen. Also machten wir uns auf nach Galle.


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